Zeit zum Nachdenken?!

Zeit zum Nachdenken?!

Jedes Jahr bietet uns Weihnachten die Gelegenheit, uns zurückzuziehen und uns zu besinnen. Dann können wir zur Ruhe kommen und über unser Leben reflektieren.

Heute, wo sich die Erde immer schneller und noch schneller dreht, nutzen wir diese Möglichkeit aber nicht mehr. Wir fragen uns nicht, wann wir das letzten Mal innegehalten und über unser Leben nachgedacht haben, denn nicht einmal mehr für diese Frage, geschweige denn das eigentliche Nachdenken, haben wir Zeit. Es scheint, als hätten alle immer weniger Zeit, doch wie Seneca der Jüngere schon in der Antike feststellte:

„Es ist nicht wenig Zeit, die wir zur Verfügung haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen.”
Lucius Annaeus Seneca, römischer Politiker & Philosoph

Nutze ich meine Zeit?

Haben Sie schon einmal versucht, aus Sand ein Seil zu flechten? Das ist genauso unmöglich, wie Zeit zu sparen. Es gibt zwar die sprachliche Formulierung „Zeit sparen”, doch stimmt das nicht. Wir können Zeit nicht sparen, jeder Mensch hat davon nur eine finite Menge, die mit jedem Moment weniger wird und irgendwann ist sie aufgebraucht. Trotzdem verschieben wir die Dinge, die uns wirklich wichtig sind. Immer haben andere Sachen – die Arbeit, die neueste Fernsehserie oder das aktuellste Update in den Sozialen Medien, also schnell vergessene Aktivitäten und sinnlose Beschäftigungen – Priorität oder wir machen uns Sorgen über die Dinge, die da noch kommen mögen, oder grämen uns über verlorene Gelegenheiten. Aber auch dazu hat Seneca etwas zu sagen:

„Nun aber bringt doch den allergrößten Verlust an Lebenszeit das Hinausschieben mit sich. Man lässt gerade den bestehenden Tag verstreichen und bestiehlt die Gegenwart, weil man sich auf das Späterkommende vertröstet. Das größte Hindernis des Lebens ist die Erwartung, die sich auf den nächsten Tag richtet und das Heute verliert.”
Lucius Annaeus Seneca

Wir verhalten uns alle so, als würden wir ewig leben. Doch tun wir das nicht und wir haben nicht unendlich Zeit. Deshalb müssen wir sie jetzt nutzen, denn so viel Zeit, wie jetzt, in diesem Moment, haben wir nie wieder zur Verfügung. Später können wir nichts mehr nachholen.

Es ist deswegen außerordentlich wichtig, dass wir uns regelmäßig folgende Frage stellen: „Nutze ich in diesem Moment meine Zeit oder verschwende ich sie?” Ist Letzteres der Fall, sollten wir mit dem, was wir gerade tun (Fernsehen, Computer spielen, über andere Menschen lästern …), aufhören und stattdessen etwas Sinnvolleres machen; etwas, das unsere Zeit wertschätzt.

Was wirklich zählt

Heute sind wir leider viel zu oft verblendet von Eitelkeiten und Nebensächlichkeiten – die einen jagen Geld und arbeiten rund um die Uhr; die anderen wollen möglichst viele virtuelle Freunde und Follower; andere machen sich selbst das Leben zur Hölle – sodass wir die wichtigen Dinge nicht mehr sehen.

Was macht mich glücklich?

Eine schwere Frage, doch lohnt sich die Suche nach einer Antwort. Als sterbliches Wesen, das der Mensch nun einmal ist, sollte er die Dinge tun, die ihn glücklich machen, denn sie sind das, was wirklich zählt. Es geht darum, auch die kleinen Momente, das Jetzt, zu genießen und sich nicht im Gestern zu verheddern oder im Morgen zu verlieren.
Schon so etwas einfaches wie ein langes, tiefgründiges Gespräch mit einem Freund, einer Freundin, das über die Nebensächlichkeiten des Alltags – wie z. B. der neueste Prominentenklatsch oder die gestrigen Sportergebnisse – hinausgeht, kann viel Freude bringen. Dann hat man seine Zeit gut genutzt, dann lebt man sein Leben gut.

Der Advent ist der perfekte Zeitpunkt dafür, inne zu halten und uns über all diese Dinge Gedanken zu machen – vorausgesetzt, wir schaffen es in der heutigen Zeit, alles einmal liegen und stehen zu lassen und uns die Zeit zu nehmen. Das ist eine Herausforderung, die sich lohnt, wenn man sie annimmt und es ernsthaft versucht.
Wir wünschen Ihnen in diesem Sinne fröhliche Weihnachten und, dass Sie die Zeit rund um die Feiertage nutzen, sie genießen.